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Dr. Christian Stellmach

Terahertz-Photoleitung von Quanten-Hall-Systemen

Von der Fakultät für Physik der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)
genehmigte
Dissertation
von
Christian Peter Stellmach

Mentor: Prof. G. Nachtwei

ISBN: 978-3-940333-02-5


Die komplette Arbeit kann hier geladen werden:
Dissertation PDF-Format, 2.3MB
Bei Interesse an einem gedruckten Exemplar bitte eine Email an mich (siehe Kontakt).


Zusammenfassung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der experimentellen Untersuchung der Terahertz-Photoleitung in Systemen unter Quanten-Hall-(QH)-Bedingungen. Diese Untersuchungen sind einerseits interessant im Hinblick auf eine potentielle Anwendung von QH-Systemen als leistungsfähige THz-Detektoren. Andererseits werden grundlagenorientierte Fragen zur Photoleitung in QH-Systemen behandelt.

Als THz-Strahlungsquelle wurde ein p-Ge-Lasersystem genutzt, das im Frequenzbereich von 1.6THz bis 2.9THz einstellbar ist, dies entspricht Photonenenergien von rund 7meV bis 12meV. Für zeitaufgelöste Messungen der Photoleitfähigkeit wurde eine neu aufgebaute Hochspannungsimpulsquelle zur Versorgung des p-Ge-Lasers verwendet. Mit diesem System können Laserimpulse variabler Länge mit einer Ausschaltzeit τaus ≤ 20ns generiert werden. Als weitere THz-Quelle kam ein thermischer Strahler zum Einsatz. Bei der Verwendung des thermischen Strahlers wurde Lock-in-Technik zur Erfassung des Signals eingesetzt. Die Messungen des Photosignals wurden bei tiefer Temperatur T=4K und hohem Magnetfeld 0 ≤ B ≤ 8T durchgeführt. Es wurde eine Reihe verschiedener Proben untersucht. Die Mehrzahl der Messungen wurde an GaAs/AlGaAs-Heterostruktur-Proben durchgeführt. Zusätzlich wurden HgTe/HgCdTe-Heterostruktur-Proben untersucht. Bei den GaAs/AlGaAs-Proben bildet sich am Heteroübergang ein zweidimensionales Elektronengas aufgrund der Lokalisierung durch einen näherungsweise dreieckigen Potentialtopf. Im Gegensatz dazu wird bei den HgTe/HgCdTe-Proben die Dimensionsreduzierung durch einen näherungsweise rechteckigen, 12nm breiten Potentialtopf bewirkt. Für die Leitfähigkeitsmessungen wurden die Proben photolithographisch strukturiert und mit Kontakten versehen. Es wurden drei verschiedene Geometrien verwendet: die Hall-Bar-, die Mäander- und die kreisrunde Corbino-Geometrie.

Die photoinduzierte Änderung der Längsleitfähigkeit beziehungsweise des Längswiderstandes der Systeme wurde in Abhängigkeit verschiedener Parameter wie Magnetfeld, Photonenenergie und Ladungsträgerkonzentration (einstellbar durch eine Gate-Elektrode) untersucht. Einige Messungen wurden zeitaufgelöst durchgeführt.

Das Photosignal wird durch Überlagerung des Zyklotronresonanz- und des Bolometer-Effektes erklärt. Zyklotronresonanz (ZR) ist die resonante Anregung, bei der die Photonenenergie der Zyklotronenergie also dem energetischen Abstand zwischen den Landau-Niveaus entspricht. Durch die Absorption wird das Elektronensystem geheizt, was zu einer Änderung der Leitfähigkeit führen kann. Dieser Mechanismus wird Bolometer-Effekt genannt. Im QH-Zustand verschwindet die Längsleitfähigkeit des Systems. Durch THz-Einstrahlung kann ein Zusammenbruch des QH-Zustandes bewirkt werden, der in einer Änderung der Leitfähigkeit resultiert. Das maximale Photosignal wird unter ZR-Bedingungen bei oder in der Nähe eines ganzzahligen Füllfaktors (an den Flanken des QH-Plateaus) gemessen. Dieses generelle Verhalten konnte in allen Messungen bestätigt werden. Zusätzlich wurde ein Vergleich mit numerischen Rechnungen durchgeführt. Die Rechnungen basieren auf der durch eine selbstkonsistente Born-Approximations-Methode bestimmten dynamischen Leitfähigkeit und können die experimentellen Ergebnissen prinzipiell wiedergeben.

Die spektrale Auflösung als wichtige anwendungsrelevante Größe konnte aus magnetfeldabhängigen Messungen des Photosignals bestimmt werden. Das Photosignal wurde jeweils bei gleichem Füllfaktor registriert. Bei ZR ist das Photosignal am höchsten und verringert sich zu beiden Seiten der ZR. Die volle Breite bei halber Höher dieses Peaks entspricht der spektralen Auflösung Γ. Die spektrale Auflösung einer Reihe GaAs/AlGaAs-Proben wurde gemessen. Den besten Wert von Γ ≈ 1meV bei Eph ≈ 8meV erreicht eine Probe in Corbino-Geometrie, die durch eine mittlere Elektronenbeweglichkeit charakterisiert ist (μ = 50  m2/(Vs) ).

Weiterhin wurden ausführliche zeitaufgelöste Messungen des Photosignals an GaAs/AlGaAs-Corbino-Proben durchgeführt. Insbesondere wurde die Relaxation des Systems beim Ausschalten der THz-Strahlung betrachtet. Die Messungen ergaben Abklingzeiten τab des Photosignals von 10ns bis über 200ns, die von der Source-Drain-Spannung VSD und der Elektronenbeweglichkeit μ abhängen. Diese Zeitskalen sind um Größenordnungen kürzer als die bisher publizierten Ergebnisse an Hall- und Mäander-Proben. Zum Vergleich der Ergebnisse τab(VSD), werden τab auf die Drude-Relaxationszeit τDrude = μm*/e und VSD auf die QH-Zusammenbruchsspannung Vc normiert. Nach der Normierung ergeben die Daten der beiden Proben geringer und mittlerer Elektronenbeweglichkeit ein ähnliches Bild: Mit steigender Spannung bis zur der Spannung Vc steigt τab(VSD)/τDrude an. Dieses Verhalten wird qualitativ mit einem zwei-Niveau-Modell erklärt, das das stationäre Gleichgewicht zwischen Anregungs- und Relaxationsprozessen betrachtet.

Ein Teil der Untersuchungen wurde an HgTe/HgCdTe-Systemen durchgeführt. Diese Studien sind besonders interessant, weil bisher keine Messungen der THz-Photoleitung an HgTe/HgCdTe-QH-Systemen publiziert waren. Der Nachweis des Photosignals gelang an Proben in Hall- und Corbino-Geometrie. Ähnlich wie bei GaAs/AlGaAs-Systemen wird die Photoleitung von dem ZR- und dem Bolometer-Effekt bestimmt, jedoch ist das Photosignal vergleichsweise kleiner. Die Zyklotronmasse der Elektronen der untersuchten Proben beträgt mc = 0.026 me. Dieser Wert wurde durch Absorptionsmessungen bestimmt und durch Photoleitungsmessungen bestätigt. Die Zyklotronmasse ist etwa um den Faktor 3 geringer als bei GaAs/AlGaAs-Systemen. Deshalb tritt die ZR bei etwa um 1/3 kleineren Magnetfeldern auf (etwa 2T bei 9meV).

Bereits eine lange Zeit wird die Anwendung von QH-Systemen als THz-Detektor diskutiert. In der Vergangenheit publizierte Studien zeigen, dass QH-Detektoren eine hohe Empfindlichkeit und Detektivität erreichen. Wie auch in der vorliegenden Arbeit gezeigt, ermöglichen QH-Detektoren schnelle Schaltzeiten und sind spektral selektiv und spektral einstellbar. Da momentan der Bedarf an THz-Technologie enorm wächst, scheint die kommerzielle Anwendung von QH-Detektoren in Zukunft durchaus möglich. Ein hohes Potential diesbezüglich besitzen HgTe/HgCdTe-Systeme, die statt mit aufwendigen supraleitenden Spulen mit Permanentmagneten betrieben werden könnten. Dafür ist noch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit nötig. Beispielsweise müsste die maximal erreichbare Empfindlichkeit und Detektivität von HgTe/HgCdTe-QH-Detektoren untersucht werden.